„Bewahrung der eigenständigen Mobilität wenn das Laufen nicht mehr möglich ist.“

Der Elektrorollstuhl

Elektrorollstuhl mit Stehfunktion
Elektrorollstuhl

Hintergrund

Der Elektrorollstuhl ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Bewahrung der Mobilität, wenn die Gehstrecke verkürzt, das Gehtempo reduziert oder das Laufen nicht mehr möglich ist. Der Begriff „Elektro“ steht dafür, dass innerhalb des Rollstuhls Elektromotoren verbaut sind, die das Fahren, aber auch die Verstellung der Rückenlehne sowie die Veränderung der Sitzhöhe möglich macht. Durch die Integration von Elektromotoren ist das Fahren im Innen- und Außenbereich möglich. Neben dem Fahren spielt die eigenständige Einstellung der Körperposition („Lagerung“ oder „Positionierung“) bei der ALS eine entscheidende und oft unterschätzte Rolle. Bei der ALS kommen komplexe Elektrorollstühle zum Einsatz, die eine elektrische Verstellung der Rückenlehne, Kopfstütze, Armelehnen, Sitzhöhe und Beinposition ermöglichen. Bei bestimmten Elektrorollstühlen ist auch eine Hub- und Stehfunktion integriert. Damit kann die Höhe dieses Sitzens eigenständig verändert und ein wiederholtes Stehen (mit allen damit verbundenen körperlichen und psychologischen Vorteilen) erreicht werden. Die Versorgung mit einem angemessenen Elektrorollstuhl ist ein Kernelement einer stufenweisen und angepassten Versorgung bei Menschen mit ALS, die fortschreitende Einschränkungen der Bein- und Rumpfunktionen aufweisen.

Funktion und Aufbau

Im Allgemeinen werden Indoor- und Outdoor-Rollstühle unterschieden. „Indoor“ ist der englische Begriff für „Innenraum“. Der Name des Elektrorollstuhls besagt bereits, dass es sich um einen Elektrorollstuhl handelt, der für die Verwendung im Innenbereich (innerhalb der Wohnung oder des Hauses) optimiert wurde. Diese Indoor-Elektrorollstühle sind besonders kompakt und werden mit einer geringen Breite konfiguriert. Damit können die meisten Türen und Durchgänge passiert werden. Ein weiteres Merkmal ist die Wendigkeit des Rollstuhls (durch Konfiguration der Rädersteuerung), so dass ein Drehen auf der Stelle (z. B. für schmale Küchen und andere beengte Wohnräume) möglich ist. Die Indoor-Elektrorollstühle sind trotz der geringen Maße und Wendigkeit mit einer Sitzkantelung (elektrische Verstellung der Rückenneigung), Hubfunktion (selbständige Steuerung der Sitzhöhe) und Stehfunktion (Hydraulik für wiederholtes Stehen am Tage) ausgestattet. Indoor-Rollstühle sind für Menschen mit ALS geeignet, die eine vollständige Autonomie der Lagerung und Veränderung der Körperposition anstreben und bei denen die Außenaktivität im Elektrorollstuhl nicht im Vordergrund steht. Zu betonen ist, dass auch Indoor-Rollstühle im Außenbereich fahren können und auch auf der Straße eine vollständige Funktion haben. Die hauptsächliche Einschränkung bei Indoor-Rollstühlen im Außenbereich liegt in der reduzierten Batterieleistung und dem verringerten Aktionsradius. Auch bestimmte `Fahreigenschaften im unebenen Gelände sind Grenzen für Indoor-Rollstühle. In diesem Fall sind Outdoor-Rollstühle zu bevorzugen.

Bedienung und Schalter

Ein „konventioneller“ Elektrorollstuhl ist für das Fahren optimiert. Die alleinige Funktion des Fahrens ist bei Menschen mit ALS (aufgrund der häufigen Beeinträchtigung der Rumpf-, Kopfhalte- und Armfunktion) nicht ausreichend. Neben der Funktion des Fahrens sind weitere Funktionen notwendig, die als „Sonderfunktion“ bezeichnet werden. Im Zusammenhang mit der ALS ist der Begrifft der „Sonderfunktion“ missverständlich, da diese Funktionen keine Besonderheit darstellen, sondern zur Regelversorgung gehören. Sonderfunktionen bei Elektrorollstühlen umfassen eine elektrische Sitzkantelung (Einstellung der Rückenlehne bis hin zur Liegefunktion) die Hubfunktion (elektrische Einstellung der Sitzhöhe) und Stehfunktion (durch eine Hydraulik kann der Patient in eine Stehfunktion gebracht werden auch wenn das eigenständige Aufstehen und Stehen nicht mehr möglich ist). Diese Sonderfunktionen sind bei der Elektrorollstuhlversorgung zu berücksichtigen.

Unterscheidung Faltrollstuhl und Elektrorollstuhl

Rollstühle sind sehr unterschiedlich und können verschiedene Funktionen übernehmen. Bei der ALS kommen zwei Kategorien an Rollstühlen zur Anwendung: Faltrollstühle (Schieberollstühle) und Elektrorollstühle. Tatsächlich ist mehrheitlich eine parallele Versorgung mit beiden Rollstühlen sinnvoll. Faltrollstühle dienen der Mitnahme des Rollstuhls im eigenen Auto oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie dienen dem „passiven“ Transfer, indem die Betroffenen von einer weiteren Person geschoben werden. Im Unterschied dazu ist mit einem Elektrorollstuhl das selbständige Bewegen mit einem Elektromotorik (statt einer schiebenden Person) möglich. Allerdings sind Elektrorollstühle sehr schwer und nicht faltbar. Die Mitnahme in einem regulären Auto ist nicht möglich. Durch die unterschiedlichen Einsatzgebiete und Transportfähigkeiten haben beide Rollstühle ihre Berechtigung und sollten zumeist parallel versorgt werden. Eine entsprechende Argumentation gegenüber dem Kostenträger ist erfahrungsgemäß möglich.

Voraussetzungen

Nutzer eines Elektrollstuhle können die folgenden Erkrankungen haben:

  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
  • Beinamputationen
  • Schlaganfall
  • Essentieller Tremor
  • Multiple Sklerose
  • Muskeldystrophie
  • Parkinson-Krankheit
  • Rückenmarksverletzung
  • Andere Erkrankungen, die die Motorik der oberen Extremitäten beeinträchtigen

Nutzer müssen den Elektrorollstuhl sicher bedienen können. Weiterhin müssen sie ohne Hilfe kauen und schlucken können. Die folgenden Kriterien bei der Versorgung zu beachten:

  • Kognitive Fähigkeiten einen Elektrorollstuhl im Straßenverkehr zu bedienen
  • Entscheidungen über die Nutzungsmöglichkeiten im Alltag können selbstständig getroffen werden.
  • Der Nutzer kann den Elektrorollstuhl in seinem Wohnumfeld unterbringen.

Soziale Teilhabe

Elektrorollstühle zur Mobilität sind als Assistenztechnologie zu betrachten. Bestimmte Elektrorollstühle mit Sonderfunktionen (Hub-, Liege- und Stehfunktion sowie Sitzkantelung) assistieren dem Patienten dabei, eine optimale (und wechselnde) Körperposition einzunehmen, ohne die Hilfe einer anderen Person in Anspruch nehmen zu müssen. Der technologische Fortschritt im Bereich der Elektromobilität hat zu einer deutlichen Weiterentwicklung der Elektrorollstühle und den Möglichkeiten des Defizitausgleiches geführt. Elektrorollstühle bewahren und verbessern damit die Patientenautonomie und Selbstbestimmung des Patienten.

Informationsmaterial über Elektrorollstühle zum Download